Wenn das Notebook nach Luft schnappt…

Dass heute PC-Hardware relativ lange genutzt werden kann, ist an sich ein gutes Zeichen. Die Geräte sind haltbar und auch relativ “alte Schätzchen” können noch mit aktueller Software verwendet werden. An manchen Stellen zeigt sich dann aber doch das Alter. Genauer gesagt hört man es meist, wenn der Lüfter immer öfter aufdreht, obwohl er das früher bei selbigen Aufgaben viel seltener tat. Alternativ werden die Geräte irgendwann langsamer, weil die CPU zwangsweise runtertaktet oder schalten gar wegen Überhitzung ab.

Grund sind in den meisten Fällen Staub und eingetrocknete Wärmeleitpaste, die die Wärmeabfuhr stören. Mit ein wenig Arbeit kann man hier Abhilfe schaffen, solange man sich zutraut, in den Eingeweiden des Gerätes zu schrauben.

Vorweg sollte man sich folgende Dinge besorgen:

– einen kleinen Kreuzschraubendreher, meistens vom Typ PH1
– Wärmeleitpaste
– einen gut ausgeleuchteten Arbeitsplatz

Wir arbeiten hier mit statisch sensitiven Bauteilen, insofern kann ein Erdungs-Armband für Arbeiten damit nicht verkehrt sein. Es reicht für den Heimbastler allerdings normalerweise auch, zwischendurch immer mal wieder z.B. einen Heizkörper anzufassen.

Um herauszufinden, wie das Notebook nun zerlegt werden muss, gibt es zwei Varianten. Entweder stellt der Hersteller ein entsprechendes Handbuch bereit oder man muss mit etwas Gespür anfangen, die hoffentlich passenden Schrauben zu entfernen. Wer kein solches Service-Manual vom Hersteller findet und nicht probieren möchte, sollte hier aussteigen. Die Chance etwas zu beschädigen ist doch relativ groß.

Mein Testgerät in diesem Fall ist ein Lenovo R61 von 2007 – normalerweise eines der leisesten Notebooks, die ich in den letzten zehn Jahren gesehen habe. Allerdings war die Temperatur der CPU mittlerweile bei etwas Last locker bei 90°C und der Lüfter hatte gut zu tun. Lenovo gehört zu den Herstellern, die für alle Modelle vorbildlich ein Handbuch online stellen, insofern ist das Zerlegen hier fast wie bei einem Lego Bausatz.

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In den Handbüchern wird oft erwähnt, dass Schrauben nur einmal zu verwenden sind. Die Schrauben haben an der Spitze einen kleinen Klecks Nylon-Beschichtung, der verhindern soll, dass die Schraube sich von alleine löst. Diese wird beim Lösen unwirksam gemacht. Da wir aber nicht in der Raumfahrt oder in einem Atomkraftwerk schrauben, ignorieren wir das einfach und nutzen die Schrauben weiter.

Manche Hersteller verwenden für ihre Geräte alle möglichen, ungekennzeichneten Schraubentypen. Es hilft hier, die Schrauben auf einem A4 Blatt abzulegen und genau zu kennzeichnen, an welcher Stelle sie verbaut waren. Gute Hersteller verwenden möglichst wenig verschiedene Schrauben und dokumentieren die Verwendung.

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Sind die Gehäuseteile entfernt, zeigt sich je nach Modell ein mehr oder weniger schöner Blick auf die Kühleinheit, bestehend aus Lüfter, Kühlkörpern und einer dazwischen verlegten “Heatpipe” zum Wärmetransport. Das Gebilde ist empfindlich gegen Verbiegen, ein wenig Vorsicht ist also angebracht.

Nach dem Entfernen sieht man dann auch schnell den Salat…

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Aus der Wärmeleitpaste ist ein trockener, krümeliger Kniest geworden. Am einfachsten entfernen lässt er sich mit einem Stück Toilettenpapier. Das CPU Die, die Fläche, auf der der Kühlkörper auf der CPU aufliegt, sollte vollkommen glatt und glänzend sein. In hartnäckigen Fällen kann eine kleine Menge Isopropanol-Alkohol helfen – auf dem Papier, nicht direkt auf der CPU!

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Auch der Kühlkörper selber muss von den Resten der Wärmeleitpaste befreit werden. Oben sieht man außerdem noch ein Wärmeleitpad – in diesem Fall für den Chipsatz. Diese Pads werden normalerweise nur dort verwendet, wo Chips nicht ganz so stark Hitze entwickeln, wie eine CPU. Solange sie noch gut aussehen, wie in diesem Fall, kann man sie einfach weiter verwenden.

Außerdem sollte man jetzt Lüfter und Kühlkörper ordentlich auspusten. Wer dazu Druckluft oder einen Kompressor verwendet, sollte unbedingt vorher das Lüfterrad blockieren, z.B. indem man eine aufgebogene Büroklammer durchsteckt. Die Lager mögen keine zu hohen Drehzahlen!

Die Geschichte der Wärmeleitpaste ist eine Geschichte voller Missverständnisse! Winking smile

Wärmeleitpaste ist ein schlechter Wärmeleiter! Klingt seltsam, sollte man aber im Hinterkopf behalten. Sie leitet deutlich schlechter die Wärme, als dies eine direkte Verbindung zwischen CPU Die und Kupferkühlkörper tut. Sie leitet allerdings besser Wärme als Luft das kann. Luft isoliert stattdessen. Und das ist dann auch der einzige Zweck, den sie vollbringt: sie soll Luft aus winzigen Unebenheiten des Kupfer-Kühlkörpers verdrängen.

Damit wird auch schon klar, dass Wärmeleitpaste nur dann gut funktioniert, wenn sie so hauchdünn aufgetragen ist, dass sie eigentlich nur kaum mehr sichtbare Unebenheiten im Material auffüllt, die Wärmeleitung zwischen Kupfer und Die aber nicht behindert.

In der Realität ist das so perfekt quasi nicht hinzubekommen. Wichtig ist nur, dass man nicht zu viel Wärmeleitpaste verwendet. Bei einer CPU wie dem Core 2 Duo reicht eine kaum reiskorngroße Menge vollkommen aus. Eine Verteilung per Scheckkarte o.ä. ist sinnlos, die Paste verteilt sich nach dem Aufsetzen des Kühlkörpers alleine und überschüssige Mengen (von denen es ja hoffentlich nicht viele geben wird) werden zur Seite rausgedrückt.

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Die Schrauben des Kühlkörpers werden vorsichtig über Kreuz angezogen. Das sorgt automatisch dafür, dass die Wärmeleitpaste nicht an einer einzelnen Stelle versammelt wird.

Apropos Festschrauben: bitte alle Schrauben vorsichtig anziehen. Insbesondere diejenigen, die einfach nur in Plastik geschraubt werden, sollten vorsichtig angezogen werden. Die Schrauben am CPU Kühlkörper greifen meist in Metall, können also ein wenig fester angezogen werden, aber auch hier gilt: wir schrauben an einem Notebook, nicht an einem Kreuzfahrtschiff.

Es folgt der Zusammenbau und der Funktionstest. Hilfreich dabei können der Packer 7-Zip und die Software HWMonitor sein. 7-Zip ist einerseits ein sinnvolles Programm zum Packen und Entpacken, hat allerdings auch eine eingebaute Benchmark-Funktion, die alle Kerne der CPU auf Dampf bringt. Alternativ kann man hierfür auch das Programm Prime95 verwenden. HWMonitor zeigt an, wie warm es denn wird.

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Und das Ergebnis überzeugt! Unter Volllast erreicht die CPU etwa 70°C, also rund 20K weniger als vorher. Im Leerlauf pendelt sich die Temperatur irgendwo zwischen 36 und 40°C ein und der Lüfter kann aus bleiben. Das ist nicht nur gut für die Ohren, es spart auch ein wenig Akku ein.

Manchmal hilft so eine Aktion auch, Schlampereien des Herstellers aufzudecken. In einem anderen Notebook musste ich vor einiger Zeit tatsächlich mal folgendes entdecken:

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Der Hersteller hatte dort einfach mal die Schutzfolie auf dem Wärmeleitpad gelassen und auf diese Schutzfolie noch Wärmeleitpaste geschmiert. Dass bei dem Gerät der Lüfter ständig auf vollen Touren lief, wundert sicherlich niemanden.

Die Anleitung lässt sich natürlich auch auf einen normalen PC übertragen. Hier ist die Schrauberei meist einfacher. Auf dem CPU Die verteilt man dann stattdessen eine etwa erbsengroße Menge Wärmeleitpaste.

Falls nach dem Zusammenbau Probleme auftauchen sollten, sind folgende Punkte zu kontrollieren:

– sind alle Kabel wieder sauber angeschlossen, die evtl. zwischendurch entfernt wurden?
– sitzt der Kühlkörper sauber? Im Ernstfall noch mal entfernen, Wärmeleitpaste wieder runter, frisch drauf und nochmals aufsetzen

Danach steht der Arbeite mit dem “alten Schätzchen” für einige weitere Jahre nichts im Wege!

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4 Antworten zu Wenn das Notebook nach Luft schnappt…

  1. Thorsten Soltkahn sagt:

    Hallo Ingo,
    ich habe gerade voller Interesse Deinen Blog teilweise gelesen und möchte Dir dafür ein großes Kompliment aussprechen. Insbesondere das Thema mit dieser unnötigen Verschlimmbesserungs-Software, in diesem Fall die blöde Software von IOBit und dergleichen. Ich werde dort auch noch einen Kommentar hinterlegen.

    Der hiermit von mir kommentierte Bericht über die Verbesserung der Kühlleistung von CPUs ist ebenfalls große Klasse.
    Eine kleine Anmerkung möchte ich mir gerne erlauben:
    Du schreibst, das man auch die Lüfter und Kühlkörper ordentlich auspusten soll und wenn man dies mit Druckluft oder einem Kompressor macht, unbedingt vorher das Lüfterrad blockieren sollte, indem man eine aufgebogene Büroklammer durchsteckt. Das ist natürlich völlig korrekt! Die Lager mögen tatsächlich keine zu hohen Drehzahlen, würden es aber kurzfristig schon überleben! Viel schlimmer ist jedoch noch ein anderer Effekt: Schon durch ein kurzfristiges Antreiben des Lüfterrades mit einem Kompressor oder mit einem Staubsauger (was gerne von Laien praktiziert wird) wird eine Spannung, ähnlich wie bei einem Windrad oder einem Fahrrad-Dynamo erzeugt, welche dann auf das Mainboard geschickt wird. Dies kann im ungünstigsten Fall die empfindliche Elektronik für die Lüfter-Steuerung zerstören und der Lüfter läuft dann anschließend dauerhaft oder überhaupt nicht mehr. Dieser Schaden ist dann deutlich größer, als ein defektes Lüfterlager, denn den Lüfter kann man notfalls ersetzen, das Mainboard zu schrotten, ist dann schon etwas schlimmer. Ich persönlich ziehe sogar vorsichtshalber immer den Stecker des Lüfters vom Mainboard ab, wenn ich den Lüfter ausblase.
    Vielleicht magst Du diesen Hinweis in Deinen Bericht mit einbauen, damit sich die Leser über diese Gefahr wirklich bewusst sind.
    Herzliche Grüße
    Thorsten S. (Berlin)

    • Ingo sagt:

      Das stimmt natürlich. Ich hatte es nicht erwähnt, weil bei mir im Beispiel der Lüfter ja ausgebaut war.

      • Thorsten Soltkahn sagt:

        Und das hatte ich tatsächlich übersehen. Da ich sehr häufig die Lüfter von PCs und Notebooks nur mit Druckluft & Staubsauger reinige, bin ich beim Schreiben meines Kommentars von meiner üblichen Arbeitsweise ausgegangen.
        Wenn man es, wie Du, natürlich perfekt macht und auch gleich die Wärmeleitpaste erneuert, ergibt sich dieser Arbeitsschritt meist von selbst.
        Aber ich denke, die Information mit dem Generator-Effekt kann trotzdem nicht schaden, für den Fall, dass jemand doch mal nur den Lüfter reinigen möchte, ohne ihn auszubauen.
        Ich habe das halt schon zu häufig erlebt…

  2. Dekre sagt:

    Danke an beide für die Hinweise, sehr gut. Auch das mit den Lüfterräder (!)
    Ich möchte darauf hinweisen auf eine simple Aufgabe davor, die manchmal bei Öffnen von Notebooks/Laptop vergessen wird – Das Akku ist vor dem Öffnen unbedingt auszubauen. Macht man das nicht so ist ein Stromschlag auf das Mainboard schon vorprogrammiert.

    Zum Reinigen sollte man bei bestimmen Modellen (hier HP Elitebook-Serie) auch die Tastatur ausbauen. Da diese Teile alle derart fein sind, ist unbedingte Vorsicht geboten, ansonsten kann es schon sein, dass man dann die Bauteile neu besorgen muss weil der Anschluss irreparable „verbogen“ ist. Entfernt man nämlich nicht die Tastatur bei diesen Modellen, so drückt sich der Dreck an die Unterseite dieser und fällt dann wieder zurück.

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