XP Alternative 1: Linux

Im Zusammenhang mit dem Supportende von Windows XP konnte man immer wieder auch die Empfehlung lesen, man solle die Gelegenheit zu nutzen und auf Linux umzusteigen. Eine große Fülle an Software, zentral aktualisiert, lauffähig auch auf sehr alter Hardware, genügsam und schnell. Und vor allem: kostenlos!

Windows XP kam 2001 auf PCs vom Schlage eines 350 MHz Pentium II mit 128 MB Ram und 8 GB Festplattenspeicher zum Einsatz. Wer tatsächlich noch solch ein altes Schätzchen unter dem Schreibtisch stehen hat, wird mit jeglichen Alternativen zu XP sehr schnell an die Grenzen stoßen. Die Mehrzahl der XP Nutzer dürfte vermutlich auch auf wenigstens etwas aktuellerer Hardware unterwegs sein.

Zaubern können aber auch die Programmierer der Linux Distributionen nicht. Selbst wenn die Oberflächen relativ sparsam sind, wie z.B. Xfce, brauchen Anwendungsprogramme wie aktuelle Browser nun einmal Arbeitsspeicher und nicht ganz schläfrige Festplatten. Die aktuellen, bekannten Distributionen wie z.B. Ubuntu und seine Derivate lassen sich mit unter 1 GB Arbeitsspeicher nicht wirklich angenehm betreiben. Eine zügige Festplatte ist vorteilhaft, eine unterstützte Grafikkarte ebenfalls. Die Rechenleistung eines einfacheren Prozessors reicht für das System locker – bei den Anwendungen kommt es auf die jeweilige Anwendung an. Empfehlenswert für Windows Umsteiger mit nicht ganz aktueller Hardware wäre meines Erachtens am ehesten Xububtu.

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Während die eigentliche Installation des Systems einfach ist und eine Menge an Hardware automatisch erkannt und eingerichtet wird, steckt der Teufel im Detail, wenn denn eben Hardware mal nicht erkannt wird. Ein Canon Drucker mit Netzwerkanschluss wurde hier zum Beispiel erst erkannt, nachdem manuell ein Paket für Canons BJNP Netzwerkschnittstelle heruntergeladen, kompiliert und installiert wurde. An sich ist das auch nicht kompliziert, nötigt einem aber schon etwas Mut zur Kommandozeile ab. Im Netz finden sich viele Foren, die teilweise auch Schritt-für-Schritt-Anleitungen bieten. Zumindest diejenigen XP Nutzer, die XP mangels des Computerwissens einfach weiter betreiben wollen, dürften aber vermutlich wenig Lust haben, sich für eine einfache Installation irgendeines Gerätes erst durch Foren wühlen zu müssen.

Auch manche WLAN Adapter benötigen zusätzliche Dateien, z.B. Firmware und laufen erst, nachdem man diese heruntergeladen, evtl. aus Windows Treibern extrahiert und ins passende Verzeichnis kopiert hat. Oder eben auch nicht, wie z.B. ein DVB-T Fernsehstick, der auch nach Installation der Firmwaredatei nicht von irgendeiner TV-Software entdeckt wird. Spaß macht das alles sicherlich für manche – ich vermute nur, dass die XP Nutzer eher nicht zu der Gruppe der Leute gehören.

Die Chance, dass eine alte Windows Software, die so “unkonventionell” programmiert ist, dass sie auf keinem aktuelleren Windows laufen kann, jetzt gerade unter dem Windows Emulator Wine auf einem Linux System funktioniert, dürfte auch eher gering sein. Wer somit wegen spezieller Software an XP festhält, für den nutzt der Rat zum Linux Umstieg auch wenig. Es sei denn, es gäbe dort eine Software, die die vorher genutzte Windows-Software wirklich ersetzt.
Das ist sicherlich für allgemeine Software mal der Fall, aber dann gibts auch noch die XP User, die XP z.B. zur Steuerung oder Überwachung von Maschinen einsetzen.

Und auch auf alter Hardware wird man nicht durchweg glücklich mit den aktuellen Linux Distributionen.
Wer einen Prozessor hat, der kein PAE beherrscht (oder das nicht korrekt angibt, wie manche Pentium M CPUs), kann z.B. Ubuntu und auch einige andere Distributionen nicht installieren.
Bei Grafikkarten sind die Treiber immer noch ein Problem. An sich wird Intel hier gerne gelobt, da diese wohl als einzige Opensource Treiber bereitstellen. Dem Normalnutzer hilft das aber auch nicht, wenn in der Praxis die Hardwarebeschleunigung der Grafik schlicht nicht genutzt wird.

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Als Beispiel: auf einem älteren PC mit Intel 945 Grafik, wie sie auch z.B. in vielen Netbooks zu finden ist, kann Chrome unter Windows 8.1 fast alle Funktionen der Hardwarebeschleunigung nutzen. Unter einem aktuellen Xubuntu sieht es im Vergleich dazu düster aus, die komplette Arbeit landet bei der CPU. Und das merkt man auch an deutlich schlechterer Performance. Selbst die etwas modernere GMA4500 Grafik der Intel Serie 4 Chipsätze steht im selben Vergleich noch schlechter da als unter Windows.

Wenn also geschrieben wird, dass man gerade für eine einfache Surfmaschine auf älterer Hardware doch Linux nutzen solle, ist das meines Erachtens nicht grundsätzlich eine gute Idee. Und gerade die Umstellung der oft mit XP ausgelieferten Netbooks auf Linux ist keine gute Idee – zumindest nicht, wenn diese zum Surfen genutzt werden sollen.

Während in vielen Bereichen Linux kaum wegzudenken ist, ist der Marktanteil auf dem Desktop immer verschwindend gering geblieben. Ich glaube, dass das nicht ganz grundlos so ist und wenn ich diesen Artikel lese, dann bin ich mit dem Gedanken auch nicht ganz alleine.

Fazit

Linux kann in manchen Fällen eine Alternative für Windows XP sein. Diese Anzahl der Fälle ist sicherlich etwas größer als der aktuelle Linux Marktanteil auf dem Desktop – aber auch nicht viel. Für die große Masse gerade der Windows XP Benutzer ist es aber auch weiterhin nicht die Alternative.

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2 Antworten zu XP Alternative 1: Linux

  1. 3-plus-1 sagt:

    Also ich finde für die ganz alten Rechner mit XP hast du vor allem Lubuntu vergessen, denn das erfordert am wenigsten Systemressourcen und kam – passend zum Windows-XP-Support-Ende – auch mit einer LTS-Version (14.04 „Trusty Tahr“), die bis 2017 Updates erhält. LTS halte ich für für wichtig, denn wer hat schon sonst so einen alten Rechner benutzt, wenn nicht Leute die ab absolut keine Lust zu ständigen Neuinstallationen haben.

    http://lubuntu.net/blog/lubuntu-1404-trusty-tahr-released

    Ansonsten, wieder das Clientel in Auge, dass XP nutzte, weil es einfach ist, empfehle ich einen Blick auf Elementary OS, welches etwas mehr Hardware-Anforderungen stellt, dann aber auch wieder eine aufgeräumte Oberfläche und kein „Gefrickel“ mitbringt.

    http://elementaryos.org/

    Für alles was dann Windows-7-tauglich ist, sollte dann auch dieser Microsoft-Migrationspfad gewählt werden. Hauptsache niemand lässt sich bange machen und verschrottet funktionierende Hardware zum Schaden der Umwelt. Die Lücke, Hardware bis zum Ausfall noch weiter sicher zu betreiben, sollte Linux also doch füllen können, oder?

    • Ingo sagt:

      Ich habe Lubuntu nicht vergessen, ich habe im Text allgemein nur „Ubuntu und seine Derivate“ erwähnt und wollte da nicht extrem in die Tiefe zu den Unterschieden der einzelnen Geschmacksrichtungen gehen.
      Die Systemanforderungen des Systems mögen gering sein, die der Anwendungen sind es aber oft nicht mehr.

      ElementaryOS hatte ich mir irgendwann mal angeschaut und es schnell wieder rausgeworfen, nachdem ich feststellen durfte, dass der Desktop nur Deko ist und man dort nicht einmal Symbole ablegen kann. Keine Ahnung, ob das mittlerweile verändert wurde. Allgemein wirkt die ganze Bedienung eher wie eine Alternative für OS X Umsteiger als für Windows Umsteiger.

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