Treiber sind nichts anders als Programme, die man zur Nutzung einer Hardware benötigt. Normalerweise bekommt man sie beim jeweiligen Hersteller der Hardware – und zwar kostenlos. Dazu muss man natürlich wissen, für welche Hardware man Treiber braucht, die Webseite des Herstellers aufsuchen und das passende Paket herunterladen.
In der letzten Zeit finden sich alle möglichen Tools im Netz, die einem aktuelle Treiber mit einem Mausklick versprechen. Die Tools sind dann auch noch kostenlos und da wird manch einer möglicherweise schwach und installiert so etwas.
Ich werde da eher skeptisch, denn die Entwicklung eines solchen Tools kostet Geld und der Aufwand des Aufbaus einer dafür notwendigen Datenbank ist recht aufwändig, wenn das Tool mehr als ein paar Treiber erkennen soll. Wie finanzieren sich solche Tools also? Und halten sie, was sie versprechen?
Ich habe mir spaßeshalber mal das Programm “SlimDrivers” angesehen, einfach so als Beispiel. Die weiteren kommerziellen Programme auf dem Markt dürfen sich nicht großartig unterscheiden. “Opfer” ist ein Lenovo Thinkpad T410s mit Windows 8, welches laut Lenovo auf einem aktuellen Treiberstand sein soll.
Die Webseite verfügt über ein gültiges Zertifikat, auf der Webseite wird der Firmensitz in den USA genannt, es prangen diverse bekannte Logos dort. So weit so gut. Wenigstens da patzt man nicht wie viele andere Anbieter, die sich komplett verstecken.
Bei der Installation erfolgt dann natürlich wieder die heute leider übliche Falle kostenloser Software: es wird standardmäßig eine Toolbar mit installiert und der Suchanbieter im Browser umgebogen. Nur wenn man die “Custom Installation” wählt, kann man diesen “Beifang” abwählen. Der Normalnutzer, an den sich das Programm ja explizit richtet, fällt drauf rein.
Nach der Installation scannt das Programm nach Updates und findet 16 veraltete Geräte. Der Thinkpad Displaytreiber gehört dazu, der Bluetooth Treiber sowie diverse Komponenten des Intel Chipsatzes. Da kann man ja mal richtig toll aktualisieren. Starten wir also gleich mal mit dem Update des Bildschirmtreibers. Der Download dauert relativ lange, dann startet der originale Installer für den Thinkpad Bildschirmtreiber…eines Lenovo X1 Carbon Notebooks.
Ich breche die Installation ab, wundere mich, dass jetzt der Bildschirmtreiber gar nicht mehr installiert werden muss und wähle eine der Intel Chipsatzkomponenten aus. Das Update lädt wieder relativ lange herunter und startet dann die aktuellste Version der Intel Chipsatzsoftware. Diese bringt aber für den im T410s verbauten Chipsatz gar keine neueren Treiber mehr mit. Die durchgeführte Installation berichtet also, dass es nichts zu aktualisieren gab. Auch der Gerätemanager zeigt keinerlei Änderungen an Treiberversionen.
“SlimDrivers” ist hinterher trotzdem wieder der Meinung, dass jetzt die Treiber aktualisiert worden waren. Hey, so einfach geht das! Auch ein neuer Scan bringt keine neue Erkenntnis. Obwohl nichts aktualisiert wurde, sind die nicht aktualisierten Treiber plötzlich aktueller als vorher. Klasse!
Vor dem Start des Programms hatte ich passenderweise einen Netzwerksniffer angeworfen, um mal zu schauen, was das Tool im Hintergrund so macht. Und das ist ebenso unschön wie die sinnlosen Updates: der komplette Netzwerkverkehr läuft unverschlüsselt ab! Die Daten des eigenen Systems gehen also unverschlüsselt quer durchs Netz.
Danach werden die Treiber auch nicht von den Hersteller-Seiten, sondern von der Seite des “SlimDrivers” Herstellers heruntergeladen. Daher dann wohl auch die lahmen Geschwindigkeiten.
Und damit nicht genug: auch wenn man “SlimDrivers” beendet, bleibt ein Teil des Programms im Hintergrund geöffnet und zeigt ein Symbol im System Tray an. Nachdem die Aktualisierung von Treibern etwas ist, was man im Normalfall eher selten machen muss, ist das eine ziemlich unsinnige Sache, die nur Speicher schluckt.
Das Tool speichert übrigens Backups von Treibern – sagt es. Im Logfile findet sich dann nur eine lustige Ansammlung von Fehlermeldungen, dass kein Backup erstellt werden konnte, weil das Kopieren von Dateien fehlschlug.
Fazit: das Tool ist genau der Schrott, den ich erwartet hatte. Der Normalnutzer jubelt damit Treiber aufs System, die gar nicht unbedingt zur Hardware passen. Die Sicherungsfunktionen klappen nicht, die Gefahr für “Beifang” ist hoch und die fehlende Verschlüsselung der Daten setzt dem ganzen Unsinn die Krone auf.
Also: Finger weg!
Update: das Testnotebook hat übrigens nach dem nächsten Neustart kein Netzwerk mehr gefunden. Angeblich war WLAN verbunden, allerdings liefen die ganzen Bindungen nicht, die komplette Netzwerkkonfiguration war k.o. und die Sache ließ sich nur durch eine Systemwiederherstellung auf einen Wiederherstellungspunkt vor der SlimDrivers Installation wieder beheben. Also genau die Katastrophe, die einen Normaluser vor unlösbare Probleme gestellt hätte.
Habe mit DriverMax bisher meistens – nicht immer – brauchbare und aktuelle Treiber bekommen. Ein bisschen Ballast (hier AVG Krempel) hat die Express-Installation auch im Gepäck, ist aber relativ transparent gehalten (schon bei der Express/Custom-Auswahl sehe ich, was ich bei Custom abwählen kann). Ob der Netzwerkverkehr verschlüsselt wird, habe ich allerdings noch nicht überprüft.
So lange alles läuft, verspüre ich aber auch keinen Drang, regelmäßig meine Treiber zu aktualisieren (außer den der Grafikkarte im Spiele-Rechner), der Hauptnutzen solcher Tools liegt daher meines Erachtens auch eher bei der Neueinrichtung eines Systems. Hier kann einem solch ein Tool bei Rechnern, die vom Hersteller nicht so komfortabel supportet werden wie das T410 (oder sowieso selbst zusammengebaut wurden), durchaus nützlich sein.
An dieser Stelle wird aber auch klar, wieso Innovative Solutions möglicherweise tatsächlich ein paar Euros für die Entwicklugn von DriverMax und die Pflege der Datenbank übrig hat, denn die kostenlose Version macht nach 2 Treiber-Updates pro Tag dicht. Für Pro werden dann mindestens 10$ (für 30 Tage) fällig.
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