Kleine Spielzeuge erhalten den Spieltrieb, oder wie war der Spruch doch gleich?
Ich habe hier seit einiger Zeit zwei alte ThinClients liegen gehabt, und in der letzten Zeit mit beiden etwas rumgebastelt. Einer ist dabei spontan verstorben, so dass Nummer zwei das Bastelobjekt der Begierde wurde. In diesem Fall war es ein IGEL-J im MaxData OEM Design. Die 64 MB SDRAM konnten aus der Bastelkiste auf 512 MB aufgestockt werden. Allerdings musste ich schnell feststellen, dass die 300 MHz GeodeGX1 CPU doch mit vielen Dingen überfordert ist. Ein Linux mit grafischer Oberfläche macht keinen Spaß darauf, mehr als 1024×768 wollte nicht laufen und eine moderne Umgebung wie KDE oder Gnome war eher undenkbar. Windows XP kann man ebenfalls drauf vergessen und die Windows 9x Schiene würde zwar recht gut laufen, mag aber nicht mehr wirklich mit dem hiesigen Windows Server 2008 R2 kommunizieren.
Ein kurzer Blick zu eBay brachte dann aber recht preiswert eine Alternative: einen Fujitsu Siemens Futro S400 ThinClient. Ebenfalls wie der IGEL mit einem CF Slot ausgerüstet, konnte die vorhandene Karte einfach übernommen werden. Und statt 300 MHz Geode werkelt hier eine 1 GHz CPU, die sich zwar “AMD Geode NX” nennt, aber eigentlich nur ein Athlon XP-M mit geringerem Takt ist, der weniger Wärme abgibt (maximal 6 Watt TDP). Für knappe 50 EUR ein Schnäppchen.
Links sieht man das gute Stück zerlegt. Gut zu erkennen sind 256 MB DDR SODIMM, die CF Karte im Slot sowie links die passiv gekühlte CPU. Der Futro darf nur aufrecht stehend betrieben werden. Fujitsu Siemens nutzt hier wohl die dadurch entstehende Kaminwirkung im gelochten Gehäuse, um die Wärme von der CPU wegzuführen. Selbst bei Volllast bleibt die kleine Box dabei handwarm.
Das Board ist bestückt mit einem SiS 741 Chipsatz mit SiS 963 Southbridge und daran angebundenem SiS 7012 AC97 Sound mit Realtek ALC203 Codec. Ebenfalls mit dabei ist ein USB 2.0 Controller mit vier Ports. Zum Glück hat Fujitsu nicht die integrierte SiS 900 10/100 Mbit LAN Anbindung genutzt, sondern lötet einen Realtek RTL8169 aufs Board, der mit Gigabit verbindet. Für einen ThinClient vielleicht etwas übertrieben, für mich aber sehr angenehm.
Das Kabel zum Gehäusedeckel bindet einen SmartCard Leser via USB an. Bisher habe ich dafür noch keine Verwendung, aber schon mal schön, dass er da ist.
Ansonsten finden sich keine beweglichen Teile, keine Lüfter und nichts, was irgendwie sonst für Lärm sorgen könnte. Der Verwendung als kleiner Surfstation mit Anbindung der Musiksammlung steht also erst einmal nichts entgegen. Ein passendes 512 MB Speichermodul findet sich in der Bastelkiste im Keller. Nachdem das Thema XP immer noch flach fiel, man beachte den vorherigen Blog-Beitrag, ging es also frisch ans Werk, ein Linux auf dem System aufzusetzen.
Die üblichen Distributionen, die mit moderner Oberfläche und aktuellen Programmen aufwarten können, schleppen unglaublich viel Ballast mit sich herum. In diesem Fall sollte das System immer noch schlank bleiben und auf viele Dinge einfach verzichten können. Gentoo Linux ist für solch einen Einsatzzweck gerade zu prädestiniert. Aus Quellcodepaketen wird ein System zusammengebaut, was genau auf diesen Rechner optimiert ist und nur die Komponenten beinhaltet, die auch wirklich gewünscht werden. Gewünscht waren neben der KDE Oberfläche noch ein Musikabspielprogramm, Mozillas Firefox Browser sowie ein Programm zum Zugriff auf RDP Server.
Sinnvoll ist es, von Anfang an bei der Konfiguration des Systems die Verzeichnisse /var/log und /tmp auf eine Ramdisk auszulagern, um Schreibzugriffe auf die CF Karte zu vermeiden. Bei 512 MB Ram ist das natürlich etwas knapp, aber ausreichend. Unter KDE fällt einem als Musikabspielprogramm zuerst einmal AmaroK ein. Und momentan ist auch genau dieses auf der kleinen Box installiert. Allerdings hat AmaroK schon wieder einen gewissen Ressourcenhunger und braucht schon einige Zeit, um beim Start eine größere Musiksammlung zu laden. Packt man die komplette Musiksammlung von einigen Zehntausend Titeln in die Wiedergabeliste, bringt das das System an den Rand des Kollaps. WinAmp als Beispiel geht mit solchen Wiedergabelisten erheblich problemloser um. Aber mal schauen, vielleicht findet sich ja auch auf Linux noch ein passender Player. So etwas wie der Party-Modus von iTunes wäre auch nicht verkehrt.
Der auf rdesktop aufsetzende Remotedesktop-Client von KDE verbindet problemlos zum Windows Server, auch die Geschwindigkeit ist einwandfrei. Den ThinClient selber via VNC fernzusteuern braucht allerdings enorm Rechenleistung auf dessen Seite und sorgt für Vollauslastung, sobald sich auf dem KDE Bildschirm irgendwas bewegt. Der Ressourcenmonitor auf dem Desktop im obigen Screenshot beweist das einwandfrei.
Das ganze System braucht mit Anwendungen und Drumherum momentan etwa 4 GB Platz auf der CF Karte. Die 8 GB Karte sollte also für die eine oder andere Spielerei noch ausreichen. Vorschläge werden gerne angenommen. Und ich berichte, wie sich die Performance entwickelt, wenn denn demnächst eine UDMA fähige CF-Karte im Rechner stecken wird.