Da hat man ein Schnäppchen gemacht und günstig einen PC oder ein Notebook gekauft, möglicherweise gebraucht oder einfach nur etwas ältere Lagerware. Man hat extra auf offizielle Kompatibilität zu Windows 11 geachtet und beim ersten Anschalten kommt dann das böse Erwachen: die Vorinstallation des PC-Herstellers ist uralt, die vom Händler aufs gebrauchte Gerät installierte Windows Version ist noch gar kein Windows 11. Und ist das, was da installiert ist, nicht schon lange aus dem Support von Microsoft raus?
Wer nagelneue Geräte kauft, bekommt darauf normalerweise auch ein Windows 11 in recht aktueller Version. Bei Gebrauchtgeräten kann das schon anders sein. Aber ist das für die ganz normalen Nutzer schlimm?
Im Netz finden sich Behauptungen, dass man zwingend manuell upgraden müsse, wenn eine Windows Version nicht mehr im Rahmen ihres Supportzeitraumes wäre. Sie würde dann ja keine Updates mehr bekommen und somit auch nicht die notwendigen Updates, um auf eine neue Version upgraden zu können.
Aber stimmt das? Oder reicht ein einfaches Abwarten, bis sich Windows Update um das Problem gekümmert hat?
Kommt man von einem alten Windows zu einer ganz aktuellen Version, ohne manuell eingreifen zu müssen? Das hab ich einfach mal für euch ausprobiert.
Das zum Test verwendete Notebook ist ein Lenovo ThinkPad L480, also ein Gerät mit Intel CPU der achten Generation. Es unterstützt SecureBoot und bringt ein TPM 2.0 mit – somit eine offiziell unterstützte Hardware für Windows 11.
Um die Sache etwas spannender zu machen, wurde als Ausgangssystem die älteste Windows 10 Version überhaupt installiert – die allererste Windows 10 Build 10240 von 2015. Microsoft hat sich später dazu entschieden, den Windows Versionen Namen auf Basis des Erscheinungsmonats bzw. noch später des Halbjahres zu geben und nennt diese Version nun nachträglich „1507“.

Lange ist es her, aber das war vor ziemlich genau zehn Jahren der Beginn von Windows 10. Die Version ist natürlich schon jahrelang als Home, Pro oder Enterprise schon nicht mehr unterstützt. Was passiert also, wenn ich mit so einem alten System nach Updates schaue?

Nun, ich bekomme Updates. Dass das System an sich nicht mehr unterstützt ist, bedeutet schließlich nur, dass es ab dem Ende des Supportzeitraumes keine neuen Updates mehr gibt.
Die bereits veröffentlichten Updates stehen selbstverständlich weiter zur Verfügung und mein zehn Jahre altes Windows 10 installiert fröhlich einen Satz an kumulativen Windows Updates, Treiberupdates und startet dazu ein paar Mal neu.

Und direkt danach macht Windows Update gleich weiter. Ist die Version 1507 auf dem aktuellen Stand, wird ein Funktionsupdate angeboten, d.h. ein Upgrade auf eine neuere Windows Version. In diesem Fall ist das die Version 20H2, also die Version aus dem zweiten Halbjahr des Jahres 2020.
Die Version 20H2 von Windows 10 ist die letzte „große“ Windows 10 Version. Es folgten danach zwar noch weitere Versionen und aktuell wäre die Version 22H2. Diese basieren aber auf dem Kern von 20H2 und sind ihrerseits nur kleine Patch-Pakete, die Funktionen freischalten. Insofern alles richtig gemacht, das ist sinnvollerweise die neueste Windows 10 Version, die sinnvoll möglich ist.

Und eine gute halbe Stunde später ist es auch schon geschafft, wir haben die Build 19042 erreicht. Automatisch wurde der Edge Browser auf Chromium-Basis installiert, das Hintergrundbild sieht auch etwas moderner aus, wunderbar.
Grundsätzlich wären alle diese Dinge ganz von alleine passiert, denn Windows Update installiert wichtige Updates ja von selbst, ohne dass man eingreifen muss. Um nicht so lange warten zu müssen, habe ich für den Test Windows Update aufgerufen und nach Updates suchen lassen – muss man aber nicht.

Auch die Windows 10 Version 20H2 installiert dann natürlich fröhlich weiter Updates. Und auch diese Version ist nicht mehr im Support, d.h. es gibt kein Update von diesem Monat, aber wir kommen der Neuzeit ein wenig näher.

Windows 11 kündigt sich auch schon an. Noch ohne weitere Details, aber wir mögen uns schon einmal vorbereiten.
Und nun beginnt eine kleine Wartezeit. Die Komponenten für das Upgrade auf Windows 11 werden im Hintergrund heruntergeladen, aber die Prüfung auf Kompatibilität von Hardware, Treibern und Software findet nicht sofort statt!
Das ist wichtig, u.a. auch dann, wenn man z.B. erst nachträglich das TPM 2.0 aktiviert oder SecureBoot, denn diese Änderung wird nicht sofort wirksam. Die Überprüfungsprozesse laufen per Aufgabenplanung – und nur alle paar Tage mal.
Werden also keine weiteren Updates an dieser Stelle gefunden, ist das völlig normal. Man braucht einfach nur etwas abzuwarten.

Hat man brav abgewartet, wird einem Windows 11 ganz von alleine angeboten – und zwar jetzt passenderweise auch gleich die momentan aktuelle Version 24H2.
Es geht also ohne weitere Zwischenschritte direkt von einem Windows 10 20H2 mit einem Patch-Stand von Mai 2022 auf die aktuelle Windows 11 Version.

Eine gewisse Zeit haben Download und Vorbereitungen des Updates gebraucht und dann kann endlich der Neustart erfolgen.

Und nach ein paar weiteren Neustarts ist das System aktuell. Und zwar wirklich aktuell, denn es wurde nicht nur die Windows 11 Version 24H2 installiert, sondern die aktuellen Updates des Monats sind ebenfalls schon da.
Es klappt also grundsätzlich völlig ohne irgendwelche manuelle Eingriffe, ein altes, nicht mehr unterstütztes Windows 10 oder 11 auf eine aktuelle Version zu bringen!
Man kann dabei bei einer beliebigen Windows 10 oder 11 Version anfangen und wird in wenigen Schritten ganz automatisch auf dem aktuellen Stand landen.
Wie oben schon geschrieben ist es wichtig zu wissen, dass manche Dinge nicht sofort passieren, sondern manchmal ein paar Tage brauchen. Als Normalnutzer muss man somit nichts manuell laden, keine Inplace-Upgrades machen, nicht mit Tools oder ISO-Images hantieren sondern einfach nur abwarten.
Ist das aber sinnvoll?

Für jeden, der sich etwas näher mit dem System beschäftigt, stellt sich die Frage, was denn die Nachteile sind.
Zuerst einmal, wie schon erwähnt, die Zeit. Man hat halt über mehrere Tage eben kein aktuelles System. Dem Normalnutzer mag es egal sein, aber wer ein paar mehr Ansprüche hat, möchte sofort ein aktuelles System.
Die Partitionierung ist ein weiterer Nachteil in diesem Fall. Die alte Windows 10 Version 1507 hat am Anfang der Disk eine 450 MB große Wiederherstellungspartition angelegt. Für die Windows 10 Version 20H2 war diese zu klein, also hat sie am Ende der Disk eine neue Wiederherstellungspartition angelegt. Die 450 MB vorne sind nun unnötig. Kein Beinbruch, aber halt nicht ideal.

Auch sind bei der Variante mit den Upgrades möglicherweise nicht alle Sicherheitsfunktionen aktiv.
Bei einer Neuinstallation auf dem selben Gerät waren die Bitlocker-Verschlüsselung und der „Schutz durch lokale Sicherheitsautorität“ automatisch aktiviert. Hingegen war beides nach den Upgrades aus.
Fazit ist also: ja, es geht.
Ja, man kann problemlos ohne manuelle Aktionen ein vom Händler mit uraltem Windows 10 oder 11 geliefertes Gerät upgraden. Und wenn man einfacher Nutzer ist, ist das auch völlig okay.
Wer sich ein wenig mit dem Thema beschäftigt, sollte aber in solchen Fällen gar nicht erst ein Upgrade, sondern eine saubere Neuinstallation durchführen. Ein Windows 11 USB-Installationsstick ist schnell erstellt. Davon wird gebootet und die verbaute Disk vollständig gelöscht. Die reine Windows 11 Installation ist dann in meist 15 Minuten durch und man hat eine saubere Basis, ohne irgendwelche Altlasten mitzunehmen.